Parkett rechts, Reihe 2, Platz 16. Es ist der 7. September 2015, Ort: Hamburg, Location: „Mehr! Theater am Großmarkt“. Ich darf dabei sein bei einem einzigartigen Konzert: „Cicero sings Sinatra“. Der Abend wird mit vielen Mikrofonen und Kameras aufgezeichnet. Kurze Zeit später erscheint davon ein Live-Album, mit dabei Gäste wie Yvonne Catterfeld, Xavier Naidoo und Sasha. Ich bin Roger Cicero schon einige Male vor diesem Tag begegnet. Besonders in Erinnerung ist mir sein Besuch im Oktober 2011, als er sich im Foyer unseres Landesfunkhauses in Erfurt neben meinen Kollegen Andreas Kallwitz an den Flügel gesetzt und für uns ein bisschen gespielt hat. Roger Cicero ist ein sympathischer Mensch, freundlich, offen, gesprächig. Im Gesicht ein Lächeln. Den Kopf immer bedeckt mit einer Mütze oder einem Hut.
Mit Informationen zum Ablauf werden wir Besucher auf das Konzert eingestimmt. Wenn mitgeschnitten wird, entscheiden viele Ohren und Augen, ob die Performance o.k. ist. Der Künstler hat unzählige Helfer, die es bei einem normalen Auftritt nicht gibt. Und tatsächlich: Eine Nummer muss wiederholt werden, um für die CD und DVD perfekt zu sein. Nach der Show kann ich mit meinem Betreuer von der Plattenfirma hinter die Bühne gehen und warte geduldig, bis Roger Cicero zu uns kommt. Er ist sichtlich erleichtert, dass alles gut über die Bühne gegangen ist. Viele Gäste machen noch Selfies mit ihm – ich nicht. Ich unterhalte mich kurz und verabschiede mich mit einem „Bis zum nächsten Mal“.
Das wird es nun nicht mehr geben. Am Gründonnerstag ist Roger Cicero im Kreise seiner Familie an den Folgen eines Hirninfarkts gestorben. Er wurde gerade mal 45 Jahre alt. In Kürze wollte er zu seiner ausverkauften Tour starten, die er wegen einer Erkrankung im letzten Jahr schon einmal verschieben musste. Roger Cicero ist mit seinem Album „Cicero sings Sinatra“ in der Kategorie „Crossover“ für einen Pop-Echo nominiert. Am 7. April werden die Preisträger bekannt gegeben. Und am 26. Mai gibt es die nächsten Echos, diesmal in der Sparte „Jazz“ – auch da ist er nominiert.
Roger Cicero hat einige Lieder gesungen, die sich mit dem Tod beschäftigen. „Ich hätt‘ so gern noch Tschüss gesagt“ ist seinem Vater Eugen gewidmet, der ihn als Pianist früh zur Musik brachte und der im Alter von 57 Jahren starb. Roger Ciceros Sohn ist sieben Jahre alt. „Wenn es morgen schon zu Ende wär“ ist ein weiteres Lied, das sich mit dem Lebensende auseinandersetzt – beschwingt und witzig. In der Ballade „In diesem Moment“ schaut der Sänger Roger Cicero zum Himmel hoch. Dort singt er jetzt vielleicht „I did it my way“ und winkt uns zu. Danke, Roger Cicero!